die konkurrenz bleibt nicht stehen

Auch wenn alles um das KKL Luzern bestens bestellt wäre: Der Wind weht schärfer. Andere Angebote stehen schon bereit – oder werden bald bereit sein.

TEXT Bruno Affentranger
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«Salle Blanche». Der Weisse Saal. Er ist Höhepunkt und Kunstwerk zugleich im KKL Luzern. Hier musizieren Spitzenkräfte unter Spitzenleitungen. Die Akustik des zu früh gegangenen Russell Johnson ist nach wie vor eine Offenbarung. Der manchmal kauzige Meister der Stille und der Echokammern, der während des Realisierens und der Ausbauphase auch schon mal zum Hörtest im Saal übernachtete, hat Ende der Neunzigerjahre eine bis heute geltende Leitwährung für Konzertsäle in der Welt geschaffen. Doch die Konkurrenz holt auf. Baulich, konzeptionell, aber auch in der Qualität des Dargebrachten. Man kann die Radien ziehen, wie man will: Es lassen sich immer mehr aufgerüstete Mitbewerber finden, die im selben Publikumsteich fischen.

casino Bern

Bern geht den Weg Luzerns: keine künstlerische Intendanz, mehr Gewicht auf Gastro und Event. Bespielen eines Hauses, das als Hülle verstanden wird. Ivo Adam soll es richten. Das 2019 wiedereröffnete, für 78 Millionen Franken renovierte Haus beherbergt das Berner Symphonieorchester und spielt in der nationalen Liga. Anders als Luzern. Trotzdem ein Ort mehr zum Hingehen.

Stadtcasino BaselSinfonieorchester Basel

Die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron hatten den aus dem Jahr 1876 stammenden Musiksaal des Stadtcasinos Basel angefasst. Entstanden ist nach vier Jahren Bauzeit ein Saal, der Platz für 1500 Gäste bietet. Die Akustik überzeugt im Saal, der nach dem bekannten Schuhschachtel-Prinzip des 19. Jahrhunderts entworfen ist. Chefdirigent Ivor Bolton mit seinem Sinfonieorchester Basel beweisen dies Mal für Mal. Seit vergangenem Jahr ein ernstzunehmender Saalrivale für Luzern.

Tonhalle Zürich

Chefdirigent Paavo Järvi ist ein Experte für Neueröffnungen (siehe Philharmonie de Paris): Am 15. September hat der Este mit dem Tonhalle-Orchester nach einem vierjährigen Umbau die neue Tonhalle eingeweiht. Mahlers 3. Sinfonie floss durch die hellere Halle direkt in die Herzen der Zürcherinnen und Zürcher. 178 Millionen Franken hatten sich diese das totalrenovierte Haus am See kosten lassen. Foyer, Säle und eine attraktive Aussenterrasse laden zum Verweilen. Zudem klingt der Konzertsaal fantastisch. Zürich hat aufgeholt.

Cité de la Musique Genf

In Genf hat es die klassische Musik nicht einfach. Am 13. Juni hat die Stimmbevölkerung einer Cité de la Musique hauchdünn eine Abfuhr erteilt. 50,8 Prozent waren gegen das insgesamt rund 300 Millionen Franken teure Vorhaben. Grüne, Linksaussen und die SVP hatten sich verbündet. Ein überrissenes Projekt, zu viel für die Monokultur Klassik, so lauteten die Vorwürfe. 1580 Plätze hätte der Konzertsaal geboten. Doch noch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, das Volksvotum ist in diesem Fall nicht bindend. Die Kantonsregierung hat es in der Hand. Kommt das abgespeckte Projekt mit einem Konzertsaal im Glasgebäude doch? Es wäre mit dem Orchestre de la Suisse Romande eine Konkurrentin.

teatro alla scala Mailand

2030 Menschen haben im Teatro alla Scala in Mailand Platz. Die Scala, so der Kurzname, ist eines der bekanntesten und bedeutendsten Opernhäuser der Welt. Man wird sich jetzt wundern: Ein Opernhaus als Konkurrenz für das KKL Luzern? Das 243 Jahre alte Traditionshaus bietet eben mehr als Schauspiel. Namen wie Daniel Barenboim oder Riccardo Chailly als Musikdirektoren garantieren Weltklasse mit Orchestern, deren Musikerinnen und Mus.

Berliner philharmonie

Hier also lebt das Original in seinem natürlichen Habitat. Die Berliner Philharmonie (kurz: Philharmonie) in der Herbert-von-Karajan-Strasse 1 im Berliner Ortsteil Tiergarten zählt mit dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt zu den wichtigsten Konzertsälen Berlins und ist die Heimstätte der Berliner Philharmoniker. Dieselben Berliner Philharmoniker, die seit Jahrzehnten dem Lucerne Festival ihren Stempel aufdrücken und mit Herbert von Karajan regelmässig den globalen Dirigentenstar lieferten. Nur etwas mehr als eine Flugstunde von der Schweiz entfernt.

Elbphilharmonie Hamburg

Was hat man nicht geschrieben, gezetert, geflucht: 866 Millionen Euro für die Elbphilharmonie, eine x-fache Überschreitung des Budgets. Doch nun ist Ruhe und gleichzeitiger stolzer, emsiger Betrieb. Das ikonische Haus von Herzog & de Meuron mit den drei Sälen (2100, 550 und 170 Plätze) ist meist gefüllt. Die Akustik von Meister Yasuhisa Toyota hilft dem NDR Elbphilharmonie Orchester und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg bei den konzertanten Höhenflügen. Seit 2017 sicherlich und generell gesehen das Haus mit der grössten Anziehungskraft weltweit.

grosses festpielhaus Salzburg

Was soll man über Salzburg berichten? Salzburg ist klar die globale Nummer eins in diesem Wettbewerb um Gunst, Aufmerksamkeit und Tickets. Die Salzburger Festspiele gelten als das weltweit bedeutendste Festival der klassischen Musik und der darstellenden Kunst. Ganz einfach. Die besten Orchester der Welt spielen auf verschiedenen Bühnen und in diversen Sälen. Kern ist das Grosse Festspielhaus von 1960, eine von Clemens Holzmeister erbaute Panoramabühne mit 2179 Plätzen.

Neue Philharmonie München

Da kommt etwas. Nur was? Die Bregenzer Architekten Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm sollen in München ein Konzerthaus im Werksviertel, nahe dem Ostbahnhof, bauen. 370 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Drei Säle sollen es werden (1800, 600 und 200 Plätze), wobei der kleinste wahrscheinlich Sparanstrengungen zum Opfer fallen wird. Baubeginn wird im besten Fall 2022 sein, Eröffnung 2025. Die Tendenz zeigt in Richtung Verspätung. Wann auch immer der Startschuss fallen wird, die neue Heimat des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wird eine Topakustik haben. Dank dem zweiten japanischen Weltstar dieses Faches: Tateo Nakajima. München ist nicht weit von Luzern oder Zürich.

cité de la musique Paris

Jean Nouvel hat die Cité de la Musique im Parc de la Villette in Paris gebaut. Da war doch was? Derselbe Stararchitekt steht für das KKL Luzern. Im Nordosten der Metropole sind das Orchestre de Paris und das Ensemble Intercontemporain beheimatet und profitieren von der Akustik Yasuhisa Toyotas und Harold Marshalls. 380 Millionen Euro hatte das vor sechs Jahren eingeweihte Ganze gekostet. Die Eröffnung übrigens dirigierte ein gewisser Paavo Järvi (siehe Zürich). Seither hält sich die Qualität im nach dem Förderer Pierre Boulez genannten grossen Saal für klassische Musik.